Schulvortrag Heimschule Osterhof

Vortrag, von der Idee zum Buch, Schule, Unterrichtsbegleitend

Schulvortrag Heimschule Osterhof

Titelbild-B300.jpgSchul-Vortrag zum Thema Buch „Von der Idee zum Buch!“

Ein wunderschönes Erlebnis hatte ich mal wieder,
am 19. April 2023, als ich an einer Schule in Heselbach, einen Vortrag (Unterrichtsbegleitend) zum Thema Buch machen durfte.

Thema: Von der Idee zum Buch!

Das Vorgespräch mit der Lehrerin fand vor Ort statt. Dabei konnte sie mir die Schule zeigen, die wirklich toll ist. Die Heimschule im Therapiezentrum Osterhof hat ein wirklich tolles Ambiente, wirkt sehr warm und überaus freundlich. Und genau so wurde ich dann auch an dem betreffenden Tag empfangen. Die Kinder waren bis in die Haarspitzen gespannt, denn eine Autorin trifft man ja nicht alle Tage – schon gar nicht eine zum Anfassen. Strahlende Gesichter saßen vor mir und nach einer kurzen Vorstellung löcherten sie mich eindringlich mit unzähligen Fragen. Da gab es keinerlei Berührungsängste, und keine Frage war ihnen zu komisch. Da wollte eins wissen, ob ich Kinder habe, oder auch einfach nur, wo und wie ich wohne, also ganz banale Dinge. Natürlich interessierten sie sich brennend dafür, wie ich zu all den Ideen komme, und wie dann daraus eine Geschichte wird, was ich ihnen gerne erläuterte. Erstaunen zeichnete sich in ihren Gesichtern ab, als ich ihnen berichtete, wie viel Arbeit noch getan werden muss, wenn das Manuskript erst einmal fertig ist. Dass ich ihnen noch etwas vorlas, war selbstverständlich, schließlich habe ich auch ein beträchtliches Portfolio an kindgerechten Geschichten, die ich zwar nie veröffentlicht habe, dennoch für diese Situationen immer sehr passend sind. ... Wie immer, mit musikalischer Untermalung, was das Vorlesen dann spannender werden lässt.

Das Highlight allerdings war, dass ich mit ihnen eine Fantasy-Geschichte erarbeitete. Das lief folgendermaßen ab: Tapetenrolle ausgerollt auf dem Boden, jedes Kind mit einem Stift bewaffnet, und dann gab ich verschiedene Dinge vor. Z.B. Wir benötigen einen Ort, oder die Protagonisten, was natürlich die Kinder selbst waren, die sie dann auch noch charakterisieren mussten. Dann das Thema, die Handlung, wo wir recht viele Ideen zusammentrugen. Diese Tapetenrolle nahm ich natürlich wieder mit nach Hause und versuchte für die Kids eine eigens auf sie zugeschnittene, mit ihren Ideen gespickte „Klassengeschichte“ zu schreiben. Die Geschichte sollte den Rahmen nicht sprengen und ich muss sagen, es viel mir schwer, mich kurz und einfach zu halten.

Ich denke, dass es ihnen eine große Freude bereiten wird, eine Geschichte zu haben, in der sie alle die Hauptrolle spielen.

Für mich war es ein toller, mal wieder super interessanter Tag, der mir wahnsinnig viel Freude bereitet hat.

Im Anschluss die Geschichte – sicherlich, nicht perfekt – aber trotzdem schön und mit Happy End.

Viel Spaß beim Lesen

Manuela Maer


Die außergewöhnlichen SECHS Freunde

Von Manuela Maer

1. Auflage, 2023
©  Manuela Maer – alle Rechte vorbehalten.

Vosanta Media
www.vosanta-media.com

Mitwirkende:

Anna    die Allwissende
Lina    die Ängstliche
Lenox    der Tierbändiger
Lia    die mit den verrückten Ideen
Jaick    große Fantasie – seine Zeichnungen erwachen zum Leben
Nik    der Mutige

Dora    Lehrerin der Klasse, oder mehr?
Andreas    Lehrer an der Schule – was führt er im Schilde?
Zauberer    Gibt es das?

Ort des Geschehens:
Osterhof Heimschule und der Wald

Kapitel 1
Ein (un)gewöhnlicher Schultag

»WIRST DU JETZT WOHL ENDLICH DEINE BLÄTTER IN DEN ORDNER HEFTEN, LIA!«, ruft die Lehrerin Dora laut. Alle sechs Kinder zuckten zusammen. Sie wussten, wenn Dora laut wurde, dann war eine Grenze erreicht.
Die Schulglocke ertönte und allen war klar – Pause. Doch keins von ihnen traute sich aufzustehen oder auch nur einen Mucks zu machen. Lia, so wie sie nun mal war, stand auf: »Ich geh raus. Das kann ich auch nachher einräumen.« Sie schnappte ihre Jacke und ging zur Tür, ohne sich umzudrehen. Dora schaute auf, schüttelte den Kopf, blickte in die Runde der Zurückgebliebenen und meinte, diesmal ruhiger: »Na dann hopp. Raus mit Euch!«. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen.
Ein paar Minuten später tobten alle ausgelassen auf der Wiese und dem Spielplatz. Anna und Lina saßen zusammen auf einem Holzbalken und überlegten, was sie heute Nachmittag machen könnten. Die Jungs spielten mit den anderen aus der Klasse von Lehrer Andreas Fußball und Lia stand am Zaun und sah nachdenklich zwischen Feldweg und Gebäudeeck hin und her. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihr aus, denn der alte Mann, der einen unglaublich vollen weißen Bart hatte, sah direkt zu ihr hin, während auf der Straße ein großer Hund bellend in Richtung Schule rannte. Noch war er weit weg, aber das bedrohliche Bellen klang alles andere als freundlich. Wieder schaute sie zu dem alten Mann, der jetzt sogar noch lächelte. Irgendetwas kam ihr an dieser Situation komisch vor. Der Hund kam näher. Was war das? Als ihr Blick wieder zum alten Mann glitt, war dieser verschwunden. Sie rieb sich die Augen. »Was zum Geier soll das?«, redete sie vor sich hin. Das Bellen des großen struppigen Hundes lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder zu ihm. Er kam näher, aber sie konnte sich nicht rühren. Sie konnte noch nicht mal um Hilfe rufen. Noch 20 Meter und wenige Sprünge und er hätte sie erreicht. Noch 10 Meter. Zwei Sprünge und er würde Lia zerfetzen. Und eben in dem Moment, als er zum Sprung ansetzte und Lia schon die Arme zum Schutz hochriss, hörte sie auf einmal: »STOOOP! AUS! STILL! Geh weg! Gsch!«, und schützend stellte sich Lenox vor sie. Seine Hände zeigten ausgestreckt in die Richtung des Hundes, der ganz plötzlich hechelnd dalag, ihn aufmerksam anschaute. Brav, so als wäre Lenox sein Herrchen, wartete er auf neue Befehle. »Was tust du da?«, meinte Lenox zu ihm.« Der Hund schien ihm zu Antworten, indem er knurrende und winselnde Geräusche von sich gab.  »Aber Lia ist meine Freundin. Ich kann nicht zulassen, dass du ihr was tust«, meinte Lenox und erneut schien der Hund zu antworten. »WAAAS?!«, rief Lennox plötzlich entsetzt, drehte sich herum und schaute Lia erschrocken an. Die wusste gar nicht, was das zu bedeuten hatte.
Der Lehrer Andreas kam um die Ecke gerannt und einige der anderen Schüler und aufgeregt wollten alle wissen, was passiert sei. Lia und Lenox berichteten ihm und zeigten auf den Hund, der, ohne dass jemand etwas zu ihm gesagt hatte, aufstand und davon trottete.
Andreas schickte alle rüber in die Schule. »Ihr verbringt den Rest der Pause lieber drinnen«, meinte er. Und während er sah, dass alle seiner Anweisung folgten, ging er vorsichtig auf die Straße. Langsam schritt er seitlich ans Schulgebäude heran. Auf dem breiten Grünstreifen parkten die Autos der Lehrerschaft. Dahinter wuchsen Büsche und Bäume. Vorsichtig, mit Herzklopfen, lugte er hinter das Schulgebäude und zwischen das Gebüsch, doch der Hund war verschwunden. Erleichtert drehte er sich herum und erschrak jedoch, weil plötzlich ein alter, weißbärtiger Mann vor ihm stand.

Kapitel 2
Überraschende Geständnisse
Natürlich hockten die sechs eng zusammen und Lia berichtete von dem seltsamen Alten, den sie gesehen hatte und die Angst, die sie hatte, wegen des Hundes. Lenox war gerade rechtzeitig dazwischen gegangen und hatte sie gerettet. »Aber sag mal Lenox«, wollte Anna wissen. »Du hast mit dem Hund geredet? Du kannst mit Hunden reden? Echt jetzt?«. Alle erwarteten gespannt seine Antwort. Verlegen schaute er auf seine Hände: »Ja, ich habe das noch nie jemanden erzählt. Ich dachte, mit mir stimmt was nicht. Ich kann nämlich«, er schaute auf und sah in erstaunte Gesichter. »Ich kann mit allen Tieren reden, müsst ihr wissen.« Er zog seinen Kopf zwischen die Schultern und erwartete, ... ja, eigentlich wusste er nicht, was er erwartete. Erstaunt schauten ihn seine Freunde an. Es war mucksmäuschenstill im Raum. Anna war die Erste, die leise etwas sagte: »Du sagst uns hier, dass du mit Tieren reden kannst? Dass ist ja der Wahnsinn. Damit hast du Lia gerettet. Ist dir das klar?«. Nik meinte daraufhin: »Mit dir ist alles in Ordnung, Kumpel.« Sachte legte er seine Hand auf dessen Schulter. Lia umarmte ihn und Lina sagte: »Das ist etwas Besonderes. Mit dir ist alles in Ordnung.« Nur Jaick wurde immer stiller. Er saß zusammengesunken da und es dauerte einen Moment, bis die anderen das bemerkten. Nik reagierte zuerst: »Jaick, was ist mit dir?«. Alle schauten sie ihn entsetzt an. Dann begann er: »Bei mir stimmt auch etwas nicht.« »Ja aber was denn?«, hakte Nik nach. Lina hörte zu und Lia meinte: »Es gibt kein nicht in Ordnung sein. Jeder ist was Besonderes. Auch du. Also was ist es? Spucks aus!«. Jaick schaute auf und sie sahen, dass er mit sich kämpfte. Tief atmete er durch. »Also, es ist so. Ihr wisst doch, dass ich nicht male. Das wisst ihr ja.« Wieder musste er tief durchatmen. »Du behauptest immer, du kannst es nicht. Ich wusste doch, dass da was dahinter steckt«, meinte Anna wissend. Jaick holte Luft und begann: »Na ja, es ist so. Wenn ich etwas male, und mir dabei vorstelle, was es ist und wer, dann passiert das auch so. Versteht ihr? Deswegen ist das Haus von uns abgebrannt, weil ich es so gemalt habe. Dabei wollte ich doch nur zeichnen, wie die Feuerwehr es löscht und rettet. Und ein anderes Mal, da hab ich gezeichnet, wie die olle Maier, unsere Nachbarin, unter ihrem Apfelbaum stand und ganz viele Äpfel heruntergefallen sind und auf sie drauf. Die hatte sogar ne Gehirnerschütterung. ... Das war meine Schuld. Und deswegen zeichne ich nichts mehr. Weil alles wahr wird, was ich zeichne.«
Wum, da saßen sie und staunten nicht schlecht mit dem, was Jaick ihnen da gerade erzählte. Wieder ließ er seinen Kopf hängen. Anna reichte ihm plötzlich einen Block und einen Bleistift: »Hier Jaick, ich möchte, dass du das Fenster da malst und ganz viele Schmetterlinge, die davor herumfliegen. Mach das mal.« Jaick sah sie an, nickte und begann das Fenster zu zeichnen. Er machte das überaus gut. Als er begann, einen Schmetterling nach dem anderen zu malen, flogen auf einmal vor dem Fenster Schmetterlinge herum. Immer mehr, so viele, wie er zeichnete. Er beendete seine Zeichnung, hob sie so, dass sie alle sehen konnten. Die Blicke seiner Schulkameraden wanderten vom Bild zum Fenster und wieder zurück. Sie waren alle sprachlos.
»Ohh, schaut mal, wie schön«, hörten sie auf einmal die Stimme ihrer Lehrerin Dora. »Da sind ja ganz viele Schmetterlinge und mit wem redet Andreas da draußen.« Sie sah ihren Kollegen mit einem alten weißbärtigen Mann reden.
»So Kinder, die Pause ist um. Setzt euch! Außerdem darf ich euch verraten, dass wir morgen einen Ausflug machen. Wir wandern in den Wald.«

Kapitel 3
Gefahr erkannt – Gefahr gebannt

Der nächste Tag brach an und die sechs Freunde hatten sich schon erwartungsvoll vor der Schule versammelt. Etwas irritiert standen sie da, denn Frau Dora war noch nicht da. Zwei andere Lehrer betraten sich unterhaltend das Gebäude: »Übernimmst du die Klasse von Andreas? Der kommt heute wohl nicht.« »Ja, ich übernehme die heute. Weißt du, was mit Andreas los ist?« »Nein!«, antwortete der erste. »Es scheint ihm wohl nicht gut zu gehen.« Die Tür schloss sich und so verstanden sie nichts mehr. Die sechs schauten sich an. Anna begann: »Dora ist nicht da, ob das was damit zu tun hat?« »Es ist bestimmt alles in Ordnung«, meinte Lina. Lachend platzte Lia dazwischen: »Vielleicht sind sie miteinander durchgebrannt. Oder Dora hat die Schlüssel von Andreas versteckt, so dass er nicht hierher fahren kann.« Doch kaum hatte sie ihren Satz beendet, sahen sie, wie das Auto von ihrer Lehrerin auf den Parkplatz fuhr. Dora stieg aus. Irgendetwas war merkwürdig. Sie schaute irgendwie anders als sonst und war auch irgendwie anders angezogen. »Wie sieht die denn aus?«, meinte Nik und Lenox setzte hinterher: »Wie ein Roboter.« Kurz darauf erreichte Dora ihre Schüler, begrüßte sie und schon liefen sie los. Immer wieder schauten die Kinder zu ihr hin. Es war wirklich so, sie bildeten sich das nicht ein. Dora verhielt sich seltsam.
Als sie beim Wald angelangt waren, führte Dora die Gruppe etwas tiefer hinein. »So, hier machen wir Rast. Ihr könnt euch gerne die Gegend etwas genauer anschauen. Macht keinen Unfug. Ich rufe euch, wenn es weiter geht.« Ja auch die Stimme hörte sich komisch an.
Natürlich ließen sich die Kinder das nicht zweimal sagen. Lenox, Jaick und Nik liefen einen kleinen Trampelpfad entlang, während die Mädchen nicht weit entfernt auf einem Baumstamm hockten und sich unterhielten. Lachend und feixend stolperten die Jungs weiter und gelangten kurz darauf zu einem Brunnen. Sie schauten hinein, Wasser schien keines darin zu sein. Schwarz und dunkel schaute ihnen das Loch entgegen. Nik meinte prompt: »Sollen wir da hinunter klettern? Ist sicher spannend.« Doch Jaick und Lenox hielten ihn davon ab. Plötzlich fiel Lenox etwas vor die Füße. Kurz schweifte sein Blick nach oben. Ein großer Vogel flog weg. »Boah, was war das denn?«, fragte Jaick. »Sah aus wie ne Eule«, meinte Lenox. Nik hob das auf, was die Eule offensichtlich hatte fallen lassen. »Das ist ein Brief!«, rief er und öffnete ihn sogleich. Da stand nicht viel. Nur eine Zeile: Ihr seid in Gefahr!
»Wer ist damit gemeint?«, fragte Nik in die Runde. Jaick nahm das Papier und untersuchte es. Lenox suchte derweil den Himmel ab und meinte dann: »Lasst uns zurück zu den Mädels gehen.« Plötzlich raschelte es in ihrer Nähe im Gebüsch. Sie konnten nichts sehen. Als dann auch noch aus dem Loch ein starker Luftzug kam, drehten sie sich herum und rannten zurück.
Bei den Mädchen angekommen erzählten sie aufgeregt, was sie gesehen hatten. Nik meinte, er würde gerne in das Loch hinab steigen und schauen, was dort unten ist. Lina jedoch fasste ihn an der Hand und verlangte von ihm, dies nicht zu tun. Das sei viel zu gefährlich, prophezeite sie ihm. »Aber wer soll in Gefahr sein?«, sagte Anna und untersuchte das Papier gründlich. Plötzlich erschraken sie allesamt. Über ihnen keifte die Eule einen schrillen Ton und ließ dabei einen weiteren Brief fallen. Lia hob ihn diesmal auf. Schnell holte sie ihn raus und faltete ihn auseinander.
Ihr seid die Einzigen, die mir helfen können.
Stand da geschrieben. Wieder schauten sie sich fassungslos an. Sie verstanden nicht, was das zu bedeuten hatte. Lenox drehte sich herum: »Dora, schau mal, was wir hier haben.« Alle sahen zu der Lichtung, wo sie ihre Lehrerin das letzte mal gesehen hatten. Aber da saß nicht ihre Lehrerin Dora, da saß Andreas. Der schaute zu ihnen, als ob nichts wäre. Einen Augenaufschlag weiter saß da plötzlich wieder Dora, und wieder weiter saß da jemand ganz anderes. Sie schauten sich an. »Was machen wir jetzt?«, meinte Lina. Doch im nächsten Moment hörten sie die vertraute Stimme ihrer Lehrerin. »Was ist los? Was heckt ihr aus? Sollen wir weiter?«. Und sie saß da und sah zu ihnen hin, so als ob nichts gewesen wäre. »Das ist nicht unsere Lehrerin«, flüsterte Lia. »Das ist ein Gestaltwandler. Dass ist euch doch wohl hoffentlich klar.« »Ach i wo, Lia. Du immer mit deinen verrückten Ideen. So etwas gibt es doch nicht«, meinte Anna. Doch Lia wehrte sich. »Ach ja, Lenox kann mit Tieren reden und Jaiks Zeichnungen erwachen zum Leben. Gibt es das dann auch nicht?« »Beruhigt euch!«, ging Lina dazwischen. »Das hat bestimmt etwas mit dem Loch zu tun«, mutmaßte Nik. »Nein, Nik!«, warnte Lina. »Du bleibst von dem Loch weg. Das ist zu gefährlich. Wir sollten eher zurück zur Schule gehen.« Die anderen stimmten ihr zu. Also gingen sie zur Lichtung.
»Was habt ihr nur für betrübte Gesichter«, meinte Dora lachend. Drehte sich herum und ging voraus. Allerdings in die falsche Richtung. Soviel war klar. »Wir würden gerne zurück gehen«, meinte Anna. »Ach was!«, erwiderte Dora. »Wir sind jetzt hier, ich hab euch hierher gebracht. Wir gehen weiter, tiefer in den Wald hinein.« Erschrocken sahen sie sich an. Diese Stimme, das war nicht die von Dora. Aufgeregt blieben sie stehen. »Ich weiß wo wir lang müssen, um zurück zu gelangen«, meinte Lenox. »Schnell, mir nach!«, und schon spurtete er voraus. Ohne darüber nachzudenken stürmten ihm die anderen Kinder hinterher.
Außer einem, Nik. Er hatte sich zum Brunnen zurück geschlichen.

Kapitel 4
Zusammen schaffen wir das

Irgendwo waren sie falsch abgebogen. Zumindest fanden sie den Waldweg nicht, der sie zurück zur Schule führen würde. »Wir haben uns verlaufen«, meinte Lina nach einer Weile. WO IST NIK?«, fragte Lenox in die Runde. »Keine Ahnung! Ich dachte, wir sind alle losgerannt«, sagte Anna mit sorgenvoller Stimme. »Der ist sicher zu diesem Loch zurückgegangen«, schlug Lia vor. Alle verstummten, denn sie ahnten schon, dass Lia recht behalten würde. »Was machen wir jetzt?«, fragte Lina. »Wir gehen ihn suchen. Was sonst! Wir lassen niemanden zurück«, bestimmte Anna. Alle gaben ihr recht und so suchten sie den Weg zurück zur Lichtung. Die war verlassen. Nicht mal Dora war zu sehen oder zu hören.
»Wo gehts zu dem Brunnen?«, fragte Lia und schaute dabei Lenox und Jaick an. »Hier lang«, meinte Jaick und ging voraus.
»KRÄÄÄÄÄÄKSCH!«, ertönte von oben. Anna und Lina warfen sich auf den Boden vor Schreck und die anderen duckten sich sofort. Lenox sah in den Himmel. Die Eule flatterte über sie hinweg und ließ erneut einen Brief fallen, den er auffing und gleich öffnete. Beeilt euch! Stand darin.
Das genügte, dass sie alle in Hektik verfielen, und Lenox preschte voran, seine Freunde im Schlepptau. Kurz darauf erreichten sie den Brunnen. Keine Spur von Nik. »Der ist sicher in den Brunnen geklettert«, meinte Lina und beugte sich kurz über den Rand, um hinunterzuschauen. Jaick drückte sie sachte zur Seite: »Lass mich mal. ... NIK! ... NIIIIK! ... BIST DU DA UNTEN?«, er wartete ab. Plötzlich hörten sie etwas.
»Ja, ich bin hier unten. Ich komm nicht mehr hoch und dunkel ist auch.« Es war Niks Stimme, ganz klar. »Oh mein Gott«, rief Lina entsetzt. »Was machen wir jetzt? Ich hatte ihm gesagt, er soll das nicht tun. Der arme Nik!«. Sie schien sich echte Sorgen zu machen. Lia grätschte dazwischen, mit einer ihrer verrückten Ideen: »Ich weiß da was. Vielleich funktioniert es. Jaick soll den Brunnen malen, mit Nik da unten und eine Strickleiter. Dann kann Nik hochklettern, wenn das klappt. Und er könnte ihm eine Laterne malen, dass er die da unten hat. Dann ist es nicht mehr so dunkel.« Alle schauten sie an, als ob sie eine Verrückte wäre. Sicherlich hätten sie das auch gedacht, wenn sie nicht gewusst hätten, dass Jaick das konnte. Jetzt waren sie einfach froh, dass Lia diese Idee hatte und sich an den gestrigen Tag erinnerte. Schnell holten sie die Briefe hervor. »Papier hätten wir schon mal«, meinte Anna. »Aber ich habe keinen Stift. Ihr etwa?«, verzweifelt schaute sie in die Runde. Wieder war es Lia, die mit einer kuriosen Idee aufwartete: »Wie wärs, wenn Lenox einfach die Eule schickt, irgendwo einen Stift zu holen. Vielleicht haben wir Glück und es klappt.« Lina wirkte erleichtert und Anna meinte: »Du und deine verrückten Ideen. Aber jetzt sind sie einfach Gold wert und retten Nik.«
Lenox sah sich um und rief nach der Eule. Es dauerte nicht lange und sie kam. Erhaben setzte sie sich auf einen der unteren Äste der Tanne, die neben dem Brunnen stand. Sie war sehr groß und schaute die Kinder an, als wollte sie ihnen einen Vortrag über das Benehmen im Wald halten. Lenox begann vorsichtig: »Liebe Eule, unser Freund ist in Not. Wir benötigen dringend einen Stift, damit Jaick eine Strickleiter zeichnen kann. Sonst kommt Nik nicht mehr raus. Kannst du das? Uns einen Stift besorgen?«. Gespannt schauten sie alle die Eule an. Aufmerksam hatte sie zugehört. Einige keckernde Geräusche drangen aus ihrem Schnabel, dann schwang sie ihre Flügel und im nächsten Moment schwebte sie hoch über ihnen. In der nächsten Sekunde war sie fort. »Hoffentlich klappt das«, schluchzte Lina. Anna legte ihren Arm  um sie. Lia dagegen schaute immer wieder über den Brunnenrand und versuchte, etwas zu sehen. »NIIIK? WIR HELFEN DIR. HÖRST DU?«, rief sie laut.
Es dauerte fast 10 Minuten, dann brauste die Eule heran. Unwillkürlich zogen die Kinder ihre Köpfe zwischen die Schultern, da die Flügel nur knapp über sie hinweg schwangen. Dann saß sie wieder auf dem Ast. Lenox stand auf und stellte sich vor sie. Erfreut sah er, dass sie tatsächlich einen Bleistift hatte. Vorsichtig streckte er seine Hand danach aus und sie beugte sich etwas vor, so dass er den Bleistift besser nehmen konnte. »Danke!«, flüsterte er ihr zu, was sie mit einem »Guruuuhhh!«, kommentierte.
Jaick stand schon bereit. Er hielt schon das Papier in der Hand. »Lenox, dreh dich rum, dann kann ich das auf deinen Rücken legen.« Der tat, was Jaick ihm vorgeschlagen hatte. Langsam begann Jaick seine Zeichnung. Er wusste, dass vielleicht Niks Leben davon abhängen würde. Zunächst teilte er das Blatt in zwei Hälften auf. In die obere zeichnete er den Brunnen. In die untere zeichnete er Nik, dann eine Lampe daneben und die Strickleiter. Und tatsächlich. Lina und Anna standen am Brunnenrand und riefen aufgeregt: »Es wird hell bei ihm da unten. Es funktioniert wirklich. Dann erschien auch noch die Strickleiter und einige Minuten später stand Nik bei ihnen und wurde von allen herzlich gedrückt. »Wieso bist du nur da runter, Nik?«, fragte Anna, fast schon belehrend. »Das bin ich gar nicht«, verteidigte er sich. »Als ich da stand und alles genau betrachtete, wurde ich auf einmal geschubst. Ich habe nicht gesehen, wer das war. Erst da unten bin ich wieder zu mir gekommen. Ich habe mir wohl bei dem Sturz das Bein verstaucht. Ich kann kaum auftreten.« »Auf jeden Fall müssen wir schauen, dass wir wieder zurückkommen. Dass wir den Weg finden«, meinte Anna. Ihr Blick wanderte zu Lia, die schon wieder ihr Ideen-Gesicht machte. »Lenox, kannst du den Hund herbeirufen, von dem du uns erzählt hast? Wenn er so groß ist, wie du sagst, kann Nik auf ihm sitzen. So wären wir schneller.« Anna strahlte und auch die anderen stimmten dieser Idee freudig zu. Lenox rief ein paar Mal in den Wald hinein, als es plötzlich unheimlich knackste und raschelte um sie herum. Da stand er und sah alles andere als freundlich aus. Er war wirklich groß, hatte fast schwarzes struppiges Fell und seine Zähne waren riesig. Lenox traute sich zwei Schritte vor: »Hallo, wir haben eine Bitte an dich. Du musst unseren Freund auf deinen Rücken nehmen, weil wir sonst den Weg aus dem Wald nicht schaffen. Außerdem hoffen wir, dass du den Weg weißt, denn ich glaube, wir verlaufen uns sonst.« Gespannt sahen sie alle das Ungetüm an. Er grunzte und winselte einige Töne und Lenox drehte sich strahlend zu seinen Freunden. »Ja, er hilft uns! Nik, du darfst auf seinem Rücken sitzen. Komm, wir helfen dir.«
So kam es, dass sie Nik auf den Rücken des Hundes halfen und er voran tapste und die Meute aus dem Wald zur Schule führte.

Kapitel 5
Wer ist wer?

Sie waren erstaunt, als sie dort ankamen. Auf der Veranda vor der Schule befanden sich einige Lehrer, hektisch in ein Gespräch vertieft. Ein Polizeiwagen stand vor der Schule und die Beamten hatten alle Hände voll zu tun, die aufgeregten Lehrer zu beruhigen. Auch Dora stand dabei. Sie war auch die Erste, die die herannahenden Kinder bemerkte und rannte ihnen schon entgegen. »Gott sei Dank! Gott sei Dank! Ihr seid wieder da. Wir haben uns so große Sorgen gemacht. Ihr ward einfach weg, als ich zur Schule kam. Keine Spur von euch.« Nacheinander nahm sie die Kinder fest in ihre Arme. Vorsichtig half sie Nik von dem Rücken des Hundes herunter, der sich dann etwas abseits in den Hof setzte, um alles zu beobachten. Anna reagierte zuerst: »Aber Dora, du bist doch mit uns heute Morgen in den Wald gelaufen.« Dora schaute sie perplex an: »Nein, als ich kam, war keiner mehr da. Ich dachte zuerst, ihr spielt mir einen Streich und habt euch versteckt. Aber irgendwann habe ich bemerkt, dass ihr nicht da seid. Das war ein Schock.« Die Kinder schauten sich an. In ihren Gesichtern konnte man die Verunsicherung ablesen. Lina ergriff das Wort: »Es ist so Dora, wir glauben, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Es könnte sein, dass ein Gestaltenwandler sich als Sie ausgegeben hat.« Dora schaute zweifelnd: »Das gibt es doch nicht. Lina, wie kann denn das sein?« Die Kinder steckten ihre Köpfe zusammen und tuschelten. Dann ergriff Lina wieder das Wort: »Ist denn Andreas da?«. Dora schaute irritiert. Dann drehte sie sich herum. Die Rektorin verabschiedete gerade die Polizisten, die unverrichteter Dinge wieder gingen. Dora rief hinüber: »Ist denn Andreas da?«. Die beiden anderen Lehrer schauten jetzt auch irritiert und schüttelten dabei den Kopf. Plötzlich ging die Türe auf. Da stand er, Andreas. Alle schauten ihn an, als wäre er gerade geplatzt. Selbst die Kinder wirkten überrascht. Lina durchschaute aber die Situation. Langsam stakste sie auf den angeblichen Lehrer zu. »Sie sind nicht unser Lehrer. Sie sind jemand anderer. Ein Gestaltwandler sind sie. Wir haben es gesehen. Wo ist unser Lehrer?«. Nun stand sie keine zwei Meter von ihm entfernt. Tatsächlich veränderte sich diese Person vor aller Augen so, dass mit einem Mal der alte weißbärtige Mann vor ihnen stand. Allesamt, auch die Lehrer, schauten perplex. Kaum einer konnte glauben, was da gerade passiert war. »Wer sind Sie denn?«, fragte Dora sofort. »Was machen Sie hier und wo ist unser Andreas?«. Lia mischte sich ins Gespräch: »Ich glaube ich weiß, wo Andreas ist.« Sie zeigte auf den Hund. »WAAAS?«, riefen alle erstaunt. »Ja, ich glaube, dass dieser Mann ein Zauberer ist und dass er den Andreas verflucht hat.« Die anderen Kinder stellten sich zu ihr. Alle hielten sich fest, entweder an den Händen, oder sie hatten sich eingehakt. Sie gaben sich gegenseitig Kraft und Schutz. Daraus entwickelte sich in diesem Moment eine so starke Energie, dass der alte Mann, der sich als Zauberer entpuppte, keine Chance mehr hatte, seinen Zauber aufrecht zu erhalten. Ein greller Blitz entstand über dem Hund und siehe da. Dort stand Andreas, wo wenige Sekunden zuvor ein Hund saß.
»Andreas?«, stammelte Dora verblüfft.
Wütend schaute sie den alten Mann an. »Was soll das? Wer sind sie? Was wollen Sie hier?«. Auch sie war näher gekommen, während von der anderen Seite die Rektorin herankam und die beiden Lehrer. Der Zauberer sah keinen Ausweg mehr und erhob das Wort: »Bleibt mir vom Leib. Kommt nicht näher. Es ist doch nur, weil ich im Keller in einen verborgenen Gang muss. Dort sind alle Zauberbücher die ich brauche. Und da ich, als ich selbst, nicht dort hineinkam, musste ich mich in einen der Lehrer verwandeln. Damit der aber nicht plötzlich auftauchen konnte, verwandelte ich ihn in einen Hund. Damit die Kraft der Kinder mich nicht enttarnte, musste ich sie wegschaffen. Der Ausflug in den Wald schien mir ideal dafür. Ich musste nur verhindern, dass sie zu früh zurückkehrten. Deswegen stieß ich den kleinen da«, er zeigte auf Nik. »In den Brunnen, damit sie erst einmal Zeit benötigen würden, ihn dort wieder heraus zu holen. Dass sie soooo schnell sind, hätte ich nicht gedacht. Sie kamen jetzt einfach zu früh zurück. Die Kinder sind etwas Besonderes. Sie können  mehr, als man ihnen zutraut.«
»Aber warum haben Sie denn nicht einfach gefragt, ob Sie dort in den Keller dürfen. Sie hätten doch nicht so einen Wirbel veranstalten müssen.« Betroffen schaute der Alte auf den Boden. »Ich habe das nicht oft, dass man mich willkommen heißt. Meistens werde ich weggeschickt. Deswegen habe ich es erst gar nicht versucht.«
Anna schaltete sich jetzt auch ein. »Wie wäre es damit Dora? Er bekommt seine Bücher, und dafür muss er uns zeigen, was in den Büchern steht. Wir erfinden eine neue Schulstunde. Die Zauberstunde.«
Alle lachten und klatschten bei ihrem Vorschlag.
So kam es, dass der alte Mann, der in Wirklichkeit ein Zauberer war, seine Bücher holen durfte und einmal in der Woche mit den Kindern Zauberunterricht machte.
Ende

PS: Lehrer Andreas berichtete den Kindern, dass er sich nur langsam in einen Hund verwandelt hatte. Gerade so viel Zeit blieb ihm, diese Briefe zu schreiben, um die Kinder zu warnen. Dies hatte zumindest dazu geführt, dass sie vorsichtiger wurden und am Ende sogar Papier hatten, auf dem Jaick hatte zeichnen können.
Ende gut – alles gut.

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